Warum hören wir nicht zu? - Der Missbrauch der Sprache
Im letzten Text habe ich die These aufgestellt, dass wir Menschen echtes Hinhören verlernt haben. Das würde bedeuten, dass wir es können, aber nicht mehr gewöhnt sind. Wenn wir es also eigentlich können, warum tun wir es dann nicht?
Nun, wir alle kennen die Kraft des Wollens. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“. Die Tatsache, dass wir nicht hinhören, obwohl wir es eigentlich können, kann also nur daran liegen, dass wir es gar nicht wollen. Und warum nicht?
Ich lasse meine Gedanken dazu schweifen, ohne das Ziel, eine ganz konkrete Antwort geben zu wollen. Vielleicht inspirieren dich meine Gedanken, vielleicht hast du aber auch eine ganz eigene Antwort darauf.
Der alltäglich gewordene Missbrauch der Sprache hat dazu geführt, dass wir nicht mehr unterscheiden können zwischen Echtheit und Schein. Was dient und inspiriert uns und was manipuliert uns? Wer sagt eigentlich wirklich, was er fühlt und wer sagt nur Dinge, die er gelernt oder aufgeschnappt hat? Welche Worte sind authentisch und welche Worte werden gesprochen, um zu gefallen, oder gar aus Berechnung? Möchte der Mensch dir wirklich ein bedingungsloses Geschenk machen oder steckt hinter seinen Worten eine Forderung oder ein Vorwurf? Hat dieses Produkt, dass du dir neulich gekauft hast, wirklich einen Mehrwert für dich oder ist das Verkaufsgespräch einfach nur von gut geschultem Personal geführt worden?
Wenn wir wirklich hinhören würden, dann könnte es erst mal ziemlich anstrengend, ernüchternd und enttäuschend sein, was wir da empfangen und durch das Empfangen erkennen. Es könnte uns erschüttern. Vielleicht bis in unsere Grundfeste. Es könnte uns aus unseren bequemen Illusionen herauskatapultieren und unsanft landen lassen. Könnte das ein Grund sein, warum wir nicht wirklich hinhören wollen? Haben wir Angst vor dem, was wir heraushören könnten?
Und vielleicht sind wirauch einfach zu sehr mit uns selbst beschäftigt, um die Belange eines anderen wirklich zu hören.
Die Psychologie – Zwei Seiten ihrer Medaille
Wir haben uns in eine Welt hineinmanövriert, in der die menschlichen Denk- und Verhaltensweisen studiert wurden, um die Erkenntnisse darüber gezielt für die Wirtschaft, und somit für die Werte der Wirtschaft, die ich an dieser Stelle nicht erneut aufzählen brauche, zu benutzen. Wie bringe ich die Menschen dazu, mein Produkt zu kaufen? Wie bringe ich meine Angestellten dazu, noch besser, schneller und länger für mich zu arbeiten?
Diese Art von Manipulation macht auch vor dem privatesten keinen Halt. Ich traue mich kaum, es zu schreiben, aber viele Coaches und Beziehungsberater werben tatsächlich mit diesem Satz: Wie bringe ich meine/n Ex dazu, mich zurück haben zu wollen? Oh je, stop Céline, das wäre wieder ein neues Thema…
Zurück zur Manipulation in der Wirtschaft und wie sie sich als Teufelskreis manifestiert hat: Der Beginn der bewussten Manipulation läuft parallel zur Erforschung der Psychologie. Psychologie bedeutet „Lehre von der Seele“ und ist wohl die mächtigste Wissenschaft überhaupt, denn sie erforscht den Menschen auf einer verletzlichen Ebene. Mit ihrer Hilfe können Menschen entweder geholfen, oder manipuliert werden.
Nun folgt ein etwas plattes, stark heruntergebrochenes Beispiel zur Veranschaulichung. Es steht stellvertretend für viele Maschinerien in unserer Gesellschaft:
Einer der Teufelskreise unserer Gesellschaft besteht daraus, dass zwei Sparten der Psychologie sich quasi gegenseitig die Menschen zuspielen. Die Wirtschaftspsychologie tüftelt aus, wie sie die Menschen am effektivsten im Sinne der Wirtschaft manipuliert, ausbeutet und vernebelt. Die manipulierten, verlorenen Menschen entwickeln daraufhin psychische Krankheiten und brauchen die Psychologie wiederum, um wieder gesund zu werden. Die Psychotherapie ist mit der Pharmaindustrie vernetzt und macht die Menschen abhängig von einer Medikation. Womit sie wiederum der Wirtschaft in die Hände gespielt werden. Der Mensch als Spielball der Industrie und Wirtschaft. Das Problem maximal an den Astspitzen gepackt. Ist nichts Neues. Jedem auf die ein oder andere Art bewusst. Aber meine Frage an dich, hast du diese oder ähnliche Zusammenhänge bisher gelernt, gelesen, aufgeschnappt, für logisch befunden und als deine Meinung angenommen, oder kannst du sie wirklich tief in dir spüren? Kannst du fühlen, was in dieser Gesellschaft geschieht?
Wie im Außen so im Inneren. Die großen Maschinerien, in die wir uns hineinmanövriert haben, sind das Ergebnis der kleinen Maschinerien in jedem einzelnen von uns. Und deswegen beginnt der Switch auch nur dort. In jedem einzelnen.
Es braucht zum einen die Erkenntnis, dass nicht andere etwas mit uns machen, sondern dass wir etwas mit uns machen lassen und gegenseitig mit uns machen.
Und zum anderen braucht es das Eingeständnis, dass jeder einzelne von uns sich entscheiden kann entweder zu manipulieren (das beginnt schon damit, jemanden von etwas überzeugen zu wollen, versteckt oder offen) oder im Guten zu dienen. Doch dazu müssen wir uns erst mal trauen hinzuhören. Mit offenem Herzen das Drama dieser Gesellschaft empfangen. Die Manipulation, die den falschen Werten dient. Der Raffgier, dem Gewinn, der Bequemlichkeit. Wir müssen das Fühlen darüber zulassen. Die Wut, die Ohnmacht, die Traurigkeit.
Naja und dann kommt der unbequemste Teil… was sind eigentlich meine eigenen Anteile? Wo in meinem Leben mache ich mit, um mich auf den vermeintlichen Vorteilen auszuruhen, die das Mitmachen mit sich gebracht hat? Wo habe ich nicht hinterfragt, meine eigenen Werte verleugnet, weggeschaut, weggehört?
Um dann aus tiefem Herzen den Wunsch zu entwickeln, nicht mehr mitmachen zu wollen. Aufzustehen und den Anfang zu machen. Echt sein. Echt fühlen. Echt, offen, ehrlich sprechen. Anstatt die Sprache im Sinne von einfach nur doofen Werten zu missbrauchen.
Wer echt spricht, dem wird gerne zugehört. Dem wird vertraut.
Und etwas, das wirklich echt ist, ist zum Beispiel das eigene ganz persönliche Fühlen.
Verfasst am 08.06.21