Wenn Worte und Gefühle nicht übereinstimmen - (Un)Authentizität

Kommt dir diese Unterhaltung bekannt vor?

„Hey, schön dich zu sehen, wie geht es dir?“

„Gut, danke.“ Und sie oder er fügt diesen Satz hinzu:

„Ich kann mich nicht beklagen!“

Ich kann dir nicht sagen warum, aber jedes Mal, wenn ich diesen Satz höre… er ist mir irgendwie unangenehm.

Vielleicht, weil er nach Mittelmäßigkeit klingt und es mich traurig macht, wenn Menschen ihr Leben als mittelmäßig empfinden?

Vielleicht, weil er in mir das Gefühl auslöst, dass sich hinter diesem Satz bei einigen Menschen eigentlich eine Unzufriedenheit verbirgt?

Es gibt noch eine weitere Interpretationsmöglichkeit: „Ich würde ja gern etwas beklagen, aber jetzt gerade fällt mir nichts ein.“

 

Vielleicht aber auch, weil ich mich frage, wenn du nichts zu klagen hast, wieso sagst du diesen Satz dann mit einem matten Schulterzucken und einem halbherzigen Lächeln, anstatt singend und freudestrahlend im Dreieck hüpfend, vor Dankbarkeit darüber, dass es dir gerade gut geht? Bist du zu „erwachsen“ und vernünftig, um deiner Freude Ausdruck zu verleihen? Wieso sagst du nicht anstatt „ich kann mich nicht beklagen“ „ich erfreue mich an meinem Leben“? Es klingt so, wie ich es schreibe vielleicht etwas übertrieben, aber ich du verstehst sicher, worauf ich hinaus möchte!

Oooder ist da eben doch diese gewisse Unzufriedenheit, die sich hinter dem Satz versteckt? Deine Probleme mit deinem Chef… aber immerhin hast du einen Job, also besser nicht klagen. Deine Probleme mit deinem Partner… aber immerhin hast du einen Partner, also besser nicht klagen. Versteh mich nicht falsch, ich sage nicht, dass du jedem Hinz und Kunz deine Probleme aufladen sollst. Ich möchte nur sagen, dass ich aus diesem Satz einfach nicht schlau werde. Ich fühle oft nicht, was der Mensch hinter diesem Gesagten wirklich meint. Und warum? Weil er sein Gesagtes nicht mit Gefühl füllt, sondern als Floskel benutzt.
Man kann es Unauthentizität nennen. Bewusste oder unbewusste Unauthentizität.

Vielleicht sagst du jetzt, ja, ich weiß was du meinst, Céline, aber in der Arbeitswelt zum Beispiel kannst du nicht einfach dein Herz auf der Zunge tragen, da musst du dich anpassen und deine Rolle spielen.

Und dann kann es passieren, dass Céline einen inneren Tobsuchtanfall bekommt. Den sie natürlich nicht rauslässt, weil sie - genau wie wir alle - gelernt hat, sich zu beherrschen, Gefühle wegzudrücken und sich angepasst zu verhalten. Außerdem ist da diese Angst davor, in Schubladen gesteckt zu werden, wenn man sich mit dem zeigt, was man denkt und fühlt, vielleicht kommt dir das bekannt vor.

Dennoch, sie atmet durch und sagt dann: Ja aber wie verkehrt kann es denn sein, einfach nur man selbst zu sein?!! Wieso darf man nicht mitsamt seinen Gefühlen zur Arbeit oder sonst wo hingehen und zu ihnen stehen? Wieso legen Menschen ihre wahren Gefühle und Gedanken vor der Tür ab und sagen dort zu ihnen „Sitz! Seid schön brav! Und wehe ich höre einen Mucks! In acht Stunden hole ich euch wieder ab und bringe euch zurück in den ich-kann-nicht-klagen-Raum.“

Aber schau, was wäre denn, wenn deine Gedanken und Gefühle wertvoll sind! Für dich selbst und für andere! Sogar die negativen! Was, wenn es viel schöner wäre, deine wahren Gedanken und Gefühle zu teilen, als nur die üblichen oberflächlichen? Du würdest deinen Frisör vielleicht auf einer ganz anderen Ebene kennen lernen! Und vielleicht würde gerade dieses Frisör-Erlebnis dazu beitragen, dass dein Leben sich heute weniger mittelmäßig anfühlt und dafür lebendiger und erfüllter.

Ich möchte dir heute etwas sagen, was du dir vielleicht auf der Zunge zergehen lassen möchtest, weil es dich entspannt: Es gibt nichts Entwaffnenderes als Authentizität. Es gibt nichts Sympathischeres, als wenn du dich genau so gibst, wie du gerade bist.

Im Gegenteil, Menschen entspannen sich in deiner Gegenwart, wenn sie spüren, dass du echt und wahrhaftig bist. Wohingegen, wenn du etwas sagst, aber etwas ganz anderes fühlst, oder aber selbst gar nicht weißt, ob du es wirklich so fühlst, wie du es sagst, dieses Kuddelmuddel dein Umfeld verwirrt. Denn deine Mitmenschen spüren unterbewusst diese Diskrepanz ganz genau!

Sie versuchen dann vielleicht, deinen Worten zu glauben und zweifeln stattdessen lieber an der eigenen Intuition. Dadurch können sie sich selbst wiederum nicht mit ihren eigenen Gefühlen verbinden, ihnen nicht vertrauen und voilà, ein wundervoller Teufelskreis entsteht. Jeder macht dem anderen etwas vor und trägt schön brav seine Masken. Vielleicht kennst du das auch von dir selbst, wenn dein Gegenüber etwas sagst und du fühlst aber etwas, das nicht mit seinem Gesagten übereinstimmt?

Wir sollten üben, authentisch zu zeigen, was wir gerade fühlen. Für dich, für mich, für unser Umfeld. Wie können wir in diesen Zeiten Vertrauen zu uns selbst und zu irgendwem anders aufbauen, wenn wir von lauter Rollenspielern umgeben sind und selbst immer noch in dieses Spiel mit einsteigen?
Wir sollten weniger in Floskeln sprechen „weil das so üblich ist“, sondern wach und bewusst sprechen, verbunden mit uns selbst. Du wirst übrigens überrascht sein, wie Menschen sofort ganz anders auf dich reagieren werden! Nämlich ebenfalls wach, interessiert und einfach positiv. Mach den Anfang. Sei echt.

Ich möchte dir vorschlagen, wenn du etwas zu klagen hast, etwas, das dich ärgert, frustriert oder sonst wie beschäftigt, dann lasse es raus. Erlaube es dir. Es muss ja nicht ausgiebig sein. Ein Satz genügt. Meistens geht es einem danach eh schon wieder besser. Nun, vielleicht gehörst du ja auch zu den Menschen, die da gar nicht zimperlich damit sind und sich längst sagen, das muss mein Umfeld aushalten können, wenn ich mal schlecht drauf bin. Natürlich solltest du dieses Umfeld nicht überstrapazieren, aber ansonsten: Wunderbar!

Dann möchte ich dir aber auch vorschlagen, wenn du glücklich bist, dann freu dich gefälligst! 😄 Lasse es raus und zeige dich. Was kann schon passieren? Andere könnten dich beneiden? Ihr Problem. Du könntest andere mit deiner Freude anstecken? Ooh nein, das wollen wir natürlich nicht, wir sind hier in Deutschland, hier wird sich nicht gefreut, und schon gar nicht grundlos, hier wird gearbeitet 😉

Schlagen wir jetzt noch den Bogen zu Bodylove:
Das Fühlen findet im Körper statt. Um authentischer zu werden und Zugang zu den eigenen Gefühlen zu bekommen, führt der Weg tiefer in den Körper hinein.
In den eigenen Körper hinein zu spüren bietet eine Möglichkeit, ganz bei sich und seinem Körper zu sein, zu jedem Moment zu erkennen, wie er oder sie sich fühlt. Du brauchst keine Angst davor zu haben, dass dein Gefühl falsch sein könnte. Niemand darf es bewerten, denn niemand kennt deinen Körper besser als du selbst. Du darfst dir vertrauen.

Je öfter du dir solche Zeiten nimmst oder auch Sportarten mit dieser Achtsamkeit ausführst, desto mehr wirst du dich auch in Alltagssituationen mit dir selbst und deinen Gefühlen verbunden fühlen und dadurch authentischer und selbstbewusster auftreten.

 

Herzensgruß von meinem Körper zu deinem Körper!

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Wer ist komischer, die anderen oder ich…?

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Als ich meinen Körper fragte: "Was tust du mir da an??!" und er mir antwortete: "Ich liebe dich."